Zugkunft: Batterien oder Wasserstoff besser für Elektrifizierung?

Das Schienennetz in Deutschland ist schlecht elektrifiziert. Gerade mal 60 % Prozent davon verfügt über eine Oberleitung. Zwar soll es jetzt mit der Elektrifizierung schneller gehen, aber Fahrleitungen sind teuer. Welche Alternativen werden sich durchsetzen? Eine wichtige Entscheidung ist nun gefallen.

Auch ohne Fahrleitung elektrisch – aber wer macht das Rennen? Es gibt mehrere Hersteller und mehrere Technologien. Hier eine Visualisierung von Siemens.

Rund 40 % der Strecken werden also nach wie vor praktisch ausschließlich mit Dieselzügen befahren. Das klingt hässlich. Schaut man sich aber die Verkehrszahlen an, dann fällt auf, dass es sich dabei um Nebenstrecken handelt und rund 98 % des Personenverkehrs elektrisch stattfindet. Beim Güterverkehr sind es noch 93 % und beim Personennahverkehr 83 %. Letzteres hat damit zu tun, dass viele Regionallinien noch mit Diesel betrieben werden. Und jetzt? Es wurde sehr lange getrödelt. Zwar hat die letzte Regierung versprochen, mehr zu tun – konkret war der Plan, bis 2025 rund 70 % Elektrifizierung zu schaffen, was aber weit verfehlt werden dürfte. Die Allianz pro Schiene empfahl schon länger das Ziel 75 % bis 2030 anzuvisieren, was die Ampel nun auch getan hat. Länder wie die Schweiz sind zu 100 % elektrifiziert, selbst auf den hinterletzten Nebenstrecken mit kaum Verkehr. Unmöglich ist also gar nichts – jedenfalls wenn man die Bahn als grundlegende Daseinsvorsorge in der Mobilität betrachtet. Da die Zeit drängt und neue Technologien in den letzten Jahren enorm schnell marktreif wurden, könnte es jetzt tatsächlich schneller gehen. Ein Blick in die nahe Zukunft.

Deutschland im internationalen Vergleich – Allianz pro Schiene

Konkret stehen momentan Batterien oder Wasserstoff zur Debatte. Was ist besser? Wie immer ist es kompliziert, aber trotzdem ziemlich eindeutig. Beide Technologien haben gewissen Vorteile und wir werden uns auch tatsächliche Beispiele anschauen, wo beide absolut klimafreundlich eingesetzt werden. Allerdings hat der Wasserstoff den grundlegenden Nachteil, welchen der Verkehrsminister Wissing bei den Autos mit den E-Fuels noch so gar nicht einsehen will, und der bei den Zügen derselbe ist. Nämlich den, dass Wasserstoff nur aus Gas oder Strom hergestellt werden kann. Gas dürfte indessen wirtschaftlich wirklich vom Tisch sein und bleibt extrem übel fürs Klima, egal wie hoch der Preis einst sein wird. Strom hat das Problem, dass wir noch viele Jahre mit dessen Knappheit haushalten müssen. Will heißen, die Elektrifizierung von Autos, die schon bestehende Stromknappheit und der nicht weniger werdende Stromhunger müssen gleichzeitig mit der immer rascher voranschreitenden Klimakatastrophe gedacht werden. Es wäre also sowieso besser, den Strom für Züge zu verwenden, anstatt bei Elektroautos viel ineffizienter zu verschwenden. Darum werden wir in absehbarer Zeit nicht um autofreie und fahrradfreundliche Städte, Tempolimit auf Autobahnen und beträchtlich viel mehr Bahn herumkommen. Dass riesige Elektro-SUV’s fördern in mehrfacher Hinsicht Blödsinn ist, haben wir schon hier geklärt.

Fahren mit Strom ist zwar besser fürs Klima, selbst wenn der Strom aus Kohle kommt, da Elektromotoren effizienter sind, aber genau da hat die Bahn noch ein Problem. Sie wirbt zwar im Fernverkehr mit sauberem Strom, was aber eher nur kreative Etikettierung sein dürfte, denn der Regionalverkehr wäre demnach umso dreckiger. Auf Dieselstrecken stimmt das allerdings tatsächlich. Die Bahn hat langfristige Stromlieferverträge aus Kohle unterzeichnet, zum Beispiel aus dem nigelnagelneuen Kohlekraftwerk Datteln 4. Andere Betreiber hingegen nutzen jetzt schon ausschließlich grünen Strom, so zum Beispiel Flixtrain. Wasserstoff ist ineffizient, weil seine Produktion mehr Strom verbraucht, als danach wieder zu Strom gemacht werden kann. Je nach Verfahren gehen 20 bis 40 % bei der Elektrolyse drauf, bei der Verdichtung bis zu 15 % und der Verflüssigung nochmal bis zu 25 %. Die hohen Verluste, auch wenn sauberer Strom aus erneuerbaren Quellen zur Herstellung von Wasserstoff verwendet wird, führen dazu, dass dieser nicht für andere Zwecke verwendet werden kann. Zum Beispiel den direkten Antrieb von Zügen, ohne Umweg über Wasserstoff. Dreckiger Strom und dann noch Umwandlungsverluste sind keine wirklich gute Lösung. Erst wenn wir Erneuerbare im absoluten Überfluss hätten, könnte das zur Option werden. Je nach Konstruktion des Strommarktes, könnten Überschüsse, die schon heute bei Erneuerbaren anfallen, für Wasserstoff genutzt werden, bevor Windräder sinnlos stillgelegt werden. Aber selbst hier wäre es effizienter, den Wasserstoff besser für z.B. die Schwerindustrie zu nutzen, welche keine Alternativen hat.

Die Entscheidung

Gleich vorneweg: die Entscheidung, ob Batterie oder Wasserstoff sich durchsetzen werden, dürfte gerade eben gefallen sein. Und zwar in Baden-Württemberg – stellvertretend für alle, die noch folgen werden. Kürzlich hat das Land nämlich bekannt gegeben, dass es nur noch auf Batterien und nicht auf Wasserstoff im Regionalverkehr setzen will. Man muss wissen, dass dieses Bundesland eine besonders zentrale Organisation des Regionalverkehrs betreibt. Fernverkehr ist immer Privatsache und geschieht auf eigenes Risiko, Regionalverkehr ist Ländersache und wird von den Ländern im freien Markt ausgeschrieben. BW hat einen landeseigenen Fahrzeugpool gegründet und vermietet den Betreibern diese Züge. Das Land ist deswegen freier in der Anbieterwahl. Aber dieser Umstand und natürlich die obenstehenden physikalischen Tatsachen, führten dazu, dass sich das Bundesland aus Effizienzgründen definitiv für Batterien und gegen Wasserstoff entschieden hat. Und das ist doch bemerkenswert, denn das ist eine relativ große Entscheidung im deutschen Bahnmarkt. Die drei großen Rollmaterialhersteller Siemens, Stadler sowie Alstom haben nämlich die letzten Jahre quasi in einem Rennen Züge mit beiden Antriebsarten entwickelt – wohl auch, weil die Politik (namentlich die CDU) nicht vorankam mit Leitlinien und einem Konzept in Sachen Klima. Es ist anzunehmen, dass die Entscheidung aus BW durchaus Vorbildcharakter bzw. Signalwirkung haben wird. Bemerkenswert ist hingegen, dass das dortige Verkehrsministerium trotzdem kurz zuvor noch einen Wasserstofftestbetrieb ab dem Jahr 2024 in Zusammenarbeit mit Siemens in der Region Tübingen aufgegleist hat. Werfen wir nun trotzdem einen Blick auf beide Antriebsarten.

Akkuzug im City-Tunnel in Leipzig. Hier könnten bald S-Bahnen mit Batterien verkehren, welche sich unterwegs selbständig während der Fahrt aufladen.

Batterie

Batteriezüge haben den Vorteil, dass Batterien viel weniger Verluste bei der Speicherung produzieren. Damit ist diese Antriebsart sehr effizient. Leider sind Batterien noch relativ teuer und das große Problem war, welche zu entwickeln, die möglichst lange halten. Denn Schienenfahrzeuge werden gut und gerne 40 Jahre alt. Die Idee war, den sehr teuren Austausch auf nur einmal in der Mitte des Fahrzeuglebens zu reduzieren. Dies ist nun auch gelungen. Speziell der Hersteller Stadler, welcher zwar aus der Schweiz stammt, aber in Berlin ein Werk betreibt, hat sich hier hervorgetan. Ein weiterer Vorteil ist der bimodale Betrieb. Dabei kann zwischen Oberleitung und Batterie gewechselt werden und die Batterie unter Fahrleitungsbetrieb auch während der Fahrt wieder aufgeladen werden. Die Fahrgäste bekommen überhaupt nicht mit, welche Stromversorgung gerade aktiv ist. Damit können sofort schon viele Strecken ohne bzw. mit minimalem Umbau umgestellt werden. Dazu gibt es auch direkt schon interessierte Bundesländer. In Leipzig zum Beispiel überlegt man sich, eine wichtige Regionallinie ohne teure Fahrleitung und deswegen viel schneller als bisher vorgesehen auf den dringend benötigten S-Bahnbetrieb umstellen zu können. Die Züge würden mit Batterie in die Stadt und dort nahtlos unter Oberleitung weiter durch den S-Bahntunnel fahren, was bisher mit Dieselfahrzeugen wegen der Abgase nicht möglich war. Leider sind solche Züge noch relativ teuer. Trotzdem lohnt sich deren Anschaffung, wenn man dafür eben Fahrleitungen einsparen kann. Außerdem fördert der Bund, wie im Fall Leipzig, solche Fahrzeuge mit Geld aus dem Fonds für Strukturwandel. Das wäre damit ein gutes Beispiel, wie man eine grüne und auch diversifiziertere Industrie als bisher in die Regionen bekommt. Bei Wind- und Solar hat man dies nicht nur verpasst, sondern gar mit Absicht verhindert und abgewürgt. Gerade im Osten sind so mehr Arbeitsstellen bei den Erneuerbaren verloren gegangen, als in der Kohle gerettet wurden. Nachteil der Batterien ist, dass nur kleine Fahrzeuge, typischerweise Triebwagen im Regionalverkehr, damit versehen werden können. Für große und viel schwerere Züge wie ICE’s oder Güterzüge ist das nicht möglich. Vor allem die Tests haben lange gedauert, denn es gab eine Vielzahl von Szenarien zu bedenken. So etwa das Aufholen von Verspätung durch schnelleres Fahren, Schwankungen der klimatischen Bedingungen, Lebenszeit, Beanspruchung der Batterien und vieles mehr.

Wasserstoff

Wasserstoffzüge haben das Konzept, dass sie ähnlich wie Dieselzüge betankt werden. Es sind dazu spezielle Tankstellen notwendig, denn die Tanks müssen dabei unter Druck den extrem gekühlten Wasserstoff speichern können. Wie erwähnt, macht Wasserstoff auch nur wirklich Sinn, wenn er sauber hergestellt wurde. Die schlechte Effizienz des Wasserstoffes selber kommt noch dazu. Dafür sind durchaus lange Strecken möglich. An Bord befindet sich eine Brennstoffzelle, deren einzige Emission reiner Wasserdampf ist. Durch die rasante Entwicklung bei der Batterietechnik, die nicht zuletzt auf die Elektrifizierung des Autoverkehrs zurückgeht, gerät diese Antriebsart allerdings unter Druck. Ein trotzdem sehr sinnvolles Beispiel findet sich aktuell in Österreich. Dort verbindet die kleine Schmalspurlinie der Zillertalbahn die bekannten Skigebiete mit dem Haupttal und der großen Bahnlinie der ÖBB. Da die Zillertalbahn sich Gedanken über neues Rollmaterial machen musste und die lokale Politik den immer stärker werdenden Individualverkehr durch Skitouristen bekämpfen möchte, ist dort der Plan gereift, die bisher mit Diesel betriebene Linie zu elektrifizieren. Die teure Infrastruktur dafür hat man bisher vermieden. Und da kommt Wasserstoff ins Spiel. Direkt vor Ort befinden sich Wasserkraftwerke und damit eine Quelle für grünen Strom. Die Idee ist nun, am Endbahnhof mittels Elektrolyse Strom umzuwandeln, wenn er zum Beispiel nachts günstig ist, und gleich da in Tanks zu speichern. Damit werden dann die neuen Züge betankt und diese können damit ihr ganzes Tagesprogramm abfahren, ohne nachfüllen zu müssen. Gleichzeitig gibt es Änderungen bei Ortsdurchfahrten, ein Streckenteil wird näher an eine der zahlreichen Seilbahnstationen entlang der Linie verlegt sowie der Fahrplan umgestellt. So sollen viel mehr Menschen mit einem viel dichteren Fahrplan transportiert werden. Mittels einem integrierten und multimodalen Konzept sollen Skifahrer und Berufspendler auf die erneuerte Bahn und Elektrobusse als Zubringerstrecken umsteigen. Hier funktioniert die Symbiose zwischen Erneuerbaren und Wasserstoffzügen perfekt und dürfte als Modellprojekt eine internationale Ausstrahlung genießen.

Die Zillertalbahn wird auf einen Schlag ihren gesamten Betrieb auf Wasserstoff umstellen und diesen mit erneuerbarem Strom vor Ort produzieren.

Einsatzgebiet

Mittlerweile gibt es sogar trimodalen Betrieb, so zum Beispiel in Großbritannien, wo in einem Stadtnetz Züge zum Einsatz kommen sollen, die sowohl mit Oberleitung, Batterien und sogar Dieselantrieb funktionieren werden. All diese hybriden Kombinationen machen Sinn, denn sie helfen schneller direktere Verbindungen zu schaffen und mehr Elektrifizierungsanteil bei Verkehrsleistungen zu ermöglichen. Gerade die Debatte um abgehängte Regionen auf dem Land kann so ganz neu geführt werden. Denn ohne teure Elektrifizierung und trotzdem mit grünem Antrieb könnten viele Linien relativ günstig und vor allem zukunftsfähig wieder in Betrieb genommen werden. Ein weltweit einmaliges Beispiel ist der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg. Dort gibt es die einzigartige Situation, dass in einem Regionalnetz gleich beide Antriebsarten fahren werden. Sowohl Batterie als auch Wasserstoff. Das hat allerdings auch mit einer kuriosen politischen Entscheidung zu tun. Die Niederbarnimer Eisenbahn ist eine kleine Vorortbahn von Berlin, welche während der Trennung in der Ostdeutschen Eisenbahn aufging, allerdings nach der Wende wieder ihre Eigenständigkeit erlangte. Im liberalisierten Schienenmarkt eroberte sie doch recht erfolgreich einige Linien im Osten. Doch nun drohte sie auf ihrer eigenen Stammstrecke, deren Infrastruktur ihr auch selber gehört, angegriffen zu werden. Die vorgeschriebene Ausschreibung hätte tatsächlich dazu führen können, dass ein anderer Anbieter auf dem eigenen Netz gefahren wäre. Die Lokalpolitik hat dafür vorerst eine kreative Lösung gefunden. Die Bahn wird zur Versuchsstrecke für Wasserstoffzüge und dafür vom Bund speziell gefördert. Damit würde die Ausschreibungspflicht entfallen. Und so wird der Verkehrsverbund Wasserstoff wie anderorts im Netz auch Batterie bestellen. Denn durch die Lademöglichkeit an der Fahrleitung und der nahtlosen Fahrtfortsetzung mittels Akku eröffnet sich eine ganz neue Flexibilität. Dadurch können in Berlin ebenfalls durchgehende Linien ohne Umsteigen vom Land in die Stadt hinein entstehen und alte wiederbelebt werden. Dass der Wettbewerb der wenigen Anbieter aber hart ist, zeigt das Beispiel der Niederbarnimer Eisenbahn trotzdem, denn sie wird bald eine stillgelegte Strecke mitten durch Berlin wieder in Betrieb nehmen. Der Streckenabschnitt führt durch dicht besiedelte Hochhaussiedlungen und dient aktuell als Betriebsgleis von Stadler. Der testet dort seine Batterie- wie auch Wasserstoffzüge. Die neuen Züge für diese Strecke werden aber ausgerechnet beim Konkurrenten Siemens Mobility gekauft.

Wasserstoffzug für San Diego in Kalifornien, ausgestellt an der Innotrans in Berlin.

Interessant sieht es auch in anderen Märkten aus. In den USA sind weniger als 1 % des Eisenbahnnetzes elektrifiziert. Zwar findet meist nur Güterverkehr statt und auf Langstrecke fährt oft gar nur ein einziger Zug am Tag, doch in und um Großstädte spielen elektrische Bahnen eine wichtige Rolle. In vielen Städten fahren aber Regionalbahnen noch ausschließlich mit Diesel. Große, schwere Doppelstockzüge fahren mit vielen Wagen, dafür aber nur wenige Male. Am Morgen nur in die Stadt, am Abend nur zurück. Das ist ausschließlich für einen kleinen Kreis von Berufspendlern interessant. San Francisco elektrifiziert gerade solch eine Linie – allerdings nur deswegen, weil über denselben Korridor eine Hochgeschwindigkeitsstrecke führen soll. Toronto in Kanada hat es sogar schon beschlossen. Die Deutsche Bahn wird dort das Netz elektrifizieren und auf einen vor Nordamerika unerhörten Viertelstundentakt umstellen. Los Angeles plant nun ähnliches. Auf kleineren Strecken gibt es schon heute erste Batterie- und auch Wasserstoffzüge. Das Potenzial ist gigantisch, denn das Land hat noch viel mehr nachzuholen als Deutschland und Europa. Der Klimawandel eröffnet daher riesige, neue Märkte. Das Besondere: die USA haben keine eigenen Zughersteller mehr. Mit dem verschärften Buy-America-Act hat Trump dafür gesorgt, dass nur die eh schon dort etablierten, vor allem europäischen, Hersteller zum Zuge kommen, denn sie müssen große Teile der Züge im Land selber bauen. Damit wollte man vor allem die Chinesen verdrängen, welche mit gigantischer Macht vor der Tür lauern. Im ständig klammen L.A. hat es der staatliche und weltgrößte Gigant CRRC schon geschafft, U-Bahnwagen zu liefern. Siemens hat bisher nur Dieselloks und Stadtbahnen in den USA gebaut, Stadler hat kürzlich ein neues Werk in Salt Lake City eröffnet und mit dem Auftrag in San Francisco nun richtig Fuß gefasst. Alstom hat Bombardier gekauft und sich so im amerikanischen Markt besser positioniert und auch Hyundai-Rotem hat den Fuß mit der weltweit ersten Wasserstoff-Straßenbahn in der Tür, welche wohl auch für die in den USA weit verbreiteten Stadtbahnsysteme wichtig sein wird.

Dieser Zug vom Hersteller Stadler hat den Weltrekord für Batteriezüge aufgestellt und dabei 224 Kilometer ohne Nachladen geschafft. Der Zug wurde in Berlin gebaut.

Fazit

Die Dekarbonisierung muss rasch passieren, die Zeit reicht nicht mehr lange. Die neue Politik in Deutschland hat sich auch neue Ziele gesetzt – durchaus realistische. Durch neue Techniken können nun schneller Strecken ohne teure Infrastrukturbauten, die sich Jahre hinziehen können, wiederbelebt werden. Wasserstoff ist zwar sauber, wenn der dazu notwendige Strom sauber ist, aber im Gegensatz zu Batterien relativ ineffizient. Dafür muss uns der noch lange knappe Strom zu schade sein. Auch wenn Hersteller viel in die Entwicklung investiert haben, darf Geld nicht für lokalpolitische Leuchtturmprojekte verschleudert werden, denn der Sieg der Batteriezüge scheint sich abzuzeichnen. In kleinen Nischen, wie eben im Zillertal oder bei langen Strecken ohne Nachlademöglichkeit, hat aber Wasserstoff durchaus noch Chancen. Auf das falsche Pferd sollte man nicht setzen, denn Infrastruktur für importierten grünen Wasserstoff ist teuer. Die gerade auf Biegen und Brechen neu geschaffene Gasinfrastruktur, welche auch wasserstofffähig sein soll, könnte diese Prämissen jedoch wieder verzerren.

Die Deutsche Bahn muss derweil aus der Kohle aussteigen, den Ausstieg aus den Knebelverträgen könnte die Bundesregierung für sie dankbarer Weise durch einen früheren Kohleausstieg erledigen, zumal wir gerade Uniper als Betreiber von Datteln 4 gekauft haben und darum Vertragsstrafen in Milliardenhöhe Geschichte wären. Würde Klimaschutz zudem zu einer verfassungsmäßigen Pflicht, müssten Bundesländer dies bei der Ausschreibung von Regionalverkehr berücksichtigen und die Deutsche Bahn könnte nicht mehr nach Belieben die eigenen Sparten mit grünen Streifen versehen. Den neuen Technologien würde es zusätzlich einen großen Schub verleihen. Außerdem kann die Bahn dann sogar progressiv in die Stromproduktion einsteigen – mit vielen eigenen Flächen oder zum Beispiel mit Solargleisen. Immer leichtere und günstigere Akkubahnen müssen vorhandene Dieselzüge im Regionalverkehr ersetzen und könnten bei der Wiedereröffnung der tausenden von Kilometern auf dem Lande eine entscheidenden Rolle spielen. Speziell die Vernetzung mit den Nachbarländern könnte ebenfalls gewinnen, sieht es doch bei Grenzübergänge in Sachen Konnektivität wie auch Elektrifizierung nämlich besonders schlecht aus. Hier ist auch die Rolle der EU gefragt. Technologie, die wir hier für den lokalen Markt entwickeln, können weltweit enorme Dimensionen bedienen. Abgesehen von den USA denke man nur mal an Afrika. Und das gilt für alle Bereiche der Dekarbonisierung.

Blühende Landschaften – ohne Feinstaub und Klimagase. Hier zur Abwechslung das Modell von Alstom, der Coradia Lint.

Anstatt auf Gas gebauten Auto- und herkömmlichen Maschinenbau weiter zu murksen, muss sich Deutschland auch industriell umstellen. Was CDU und FDP noch als Deindustrialisierung verunglimpfen, könnte die vielleicht einzige Option sein, die verpasste Digitalisierung aufzuholen und aus der Klimakatastrophe ein goldenes Zeitalter der Klimatechnik zu machen. Wer jetzt nicht klotzt, verliert nicht nur gegen den Klimawandel, sondern auch gegen China, welches im letzten Jahrzehnt den weltgrößten Bahnkonzern und das weltgrößte Hochgeschwindigkeitsnetz aus dem Boden gestampft hat. Aus dem Kalten Krieg der Ideologien könnte bald ein grüner und globaler Wirtschaftskrieg werden. Siehe das Beispiel der Agrivoltaic. Gut für den Planeten, aber vielleicht schlecht für den deutschen Wohlstand, wenn wir dabei abgehängt werden. Mit mehr Investitionen in elektrische Mobilität auf der Schiene stärken wir unsere noch vorhandene Technologieführerschaft. Das ist zwar Protektionismus, aber es geht um alles oder nichts. Mit einer angezogenen Schuldenbremse geht das allerdings nicht. Finanzminister Lindner muss das endlich einsehen, aus seinem Porsche aussteigen und in die neuen klimafreundlichen Bahnen einsteigen – zusammen mit dem ebenso autoverliebten Verkehrsminister Wissing.

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