Das Auge aus dem All

Neue Satellitentechnik jagt ab sofort fossile Konzerne, die sich bis jetzt um Methanlecks foutiert haben. Das ist einer der größten Gamechanger für die Rettung des Planeten. Wer dahinter steckt, wie es funktioniert und was es bewirkt.

Keiner ist sicher vor MethaneSat. Extrem hochaufgelöste Bilder von den klimaschädlichsten Lecks auf dem Planeten. Er bekommt bald Geschwister.

BigOil hat fertig. Ok, schön wärs. Doch die USA, Kanada und weitere Staaten sind in jüngster Zeit aus geopolitischen Gründen aggressiv auf die Förderung von Gas mittels Fracking umgestiegen. Im Rohzustand ist das schlicht Methangas. Auch unser Gas kommt heute zu einem großen Teil aus solchen Quellen. Dieses wird unter scheußlichen Umweltbedingungen gefördert sowie in Pipelines, Schiffen, Raffinerien und Tanks transportiert und gelagert. Und auf diesem Weg gibt es viele, viele Lecks. Diese sind ein gewaltiges Problem, aber sie sind schwer zu entdecken. Behörden kümmerten sich zu wenig, die Konzerne taten nichts. Neue Satellitentechnik ändert diesen Zustand nun gnadenlos. Eine Art Klimablitzer in der Erdumlaufbahn. Hier die Details:

Das Problem

Je nach Studie ist Methan zwischen 80 und 84 Mal so schädlich wie CO2. Der größte Emittent ist die Landwirtschaft, vor allem mit der Rinderzucht. An zweiter Stelle folgen aber große Öl- und Gaskonzerne. Weil viele Staaten ihren Bürgern irgendwas von „Brückentechnologie“ verzapft haben und fossile Konzerne von Begriffen wie „Natural Gas“ (USA) über grüne Blätter im Logo (Schweiz) bis zu „sauberer Energie“ (Deutschland) etablierten, glaubten das auch viele. Weil diese Lecks aber so zahlreich sind, machen sie inzwischen 30 % der globalen, menschengemachten Erwärmung aus. Also eine gigantisch dreckige und schädliche Angelegenheit. Wir können noch lange Joghurtbecher trennen, wenn eine Handvoll fiese Konzerne weiter so unvorstellbar viel Leid anrichten. Aber es ist auch eine Chance, denn man muss nur wenige in die Pflicht nehmen, um sehr, sehr, sehr viel bewirken zu können.

Methanwolken auf Satellitenfotos sichtbar gemacht. Damit können Organisationen, Verbände, Bürger und Staaten gegen die Konzerne klagen.

Die Lösung

Bis jetzt waren die Gaslecks kaum identifizierbar, denn sie sind nicht zu sehen und Methan ist nicht zu riechen. Bisher galt einfach, dass die Konzerne selbstverpflichtend Lecks den Behörden melden, wenn sie welche finden – damit sie dann bestraft werden können. Ja, wirklich wahr! Natürlich haben die einen Teufel getan. Es gibt irrsinnig teure Kameras, die Lecks sichtbar machen könnten, aber die meisten Behörden sind personell kaum besetzt und verfügen über kein Budget für die Technik. Sie müssten ja rund um die Uhr alle Gasanlagen dauerhaft an allen Stellen ständig überwachen. Völlig illusorisch. Doch nun zeichnet sich eine Wende ab. Ein neuer Satellit soll innerhalb von nur wenigen Monaten die Welt komplett scannen und auch im hinterletzten Winkel quasi live Lecks aufspüren, kartografieren und an die Behörden liefern. Und das Beste: die Daten sind für jedermann frei zugänglich.

Der Witz an der Sache

Die Konzerne wussten um die Entwicklung der Technik und haben sich unter diesem Druck schon vorher versucht, an der Weltklimakonferenz 2021 in Glasgow vorauseilend selber zur vollständigen Eliminierung aller Lecks noch innerhalb dieses Jahrzehnts zu verpflichten. Also so quasi. Mit der Hoffnung, dass die Überwachung vielleicht doch oder nicht so stark kommt. Denn sonst müssten eben die Behörden vieler Staaten jetzt stark personell aufrüsten, um Bußgelder zu schreiben und die Stopfung der Lecks zu kontrollieren. Das passiert jetzt sowieso. Außerdem wäre es nur fair, wenn die Sünder auch gleich noch Steuern auf das durch Lecks verursachte CO2 bezahlen würden. Sie haben also zugegeben (oder halt geflunkert) dass es in dieser Geschwindigkeit und überhaupt technisch schon lange möglich gewesen wäre. Ein Skandal, von einem Ausmaße, der bei dem großen Anteil an der Klimaerwärmung kaum fassbar ist. Auch regulatorisch tut sich was. Die EU besteht ab 2027 bei Importen – die machen heute 80 % des Verbrauches aus – nahezu auf null Emissionen durch Lecks. Weil das jetzt kontrollierbar ist, kann diese Drohkulisse installiert werden.

Das ist er. Die Größe eines Kleinwagens, aber eine unglaublich große Macht.

Das Auge aus dem All

Oder gleich mehrere Augen. Der erste Satellit umrundet seit Februar 2024 die Erde pro Tag rund 15x und liefert dabei hochaufgelöste Bilder, die direkt über Fotos der Landschaft gelegt werden und wie auf einer Wärmebildkamera in Farbe die Lecks anzeigen. So wird jeder sehen können, wo Klimasünder am Werk sind. Der öffentliche Druck steigt für die Konzerne damit ins Unermessliche. Aber wer steckt jetzt dahinter? Erstaunlicherweise unter Universitäten wie Harvard und weiteren Forschungseinrichtungen auch der Internetkonzern Alphabet (Google). Getreu nach seinem nicht immer so ernsthaft verfolgten Motto „Don’t do evil“ sagt dieser nun, dass ein Zeitalter der Klimarechenschafft angebrochen sei. Selbst superreiche Mäzene wie Jeff Bezos (Amazon) investierten über ihre Finanzfunds in MethaneSat. Ja, solche Bias werden wir noch öfter aushalten müssen. Natürlich wird man sich – nur schon um Klagen zu können – nicht auf einen Satelliten verlassen. Doch schon der nächste ist auf dem Weg, diesmal von der NASA und der Organisation Carbon Mapper entwickelt.

Fazit

Ist jetzt alles gut? Nein. Wie beim Klimaschutzgesetz auch, ist aufgeschoben eben nicht aufgehoben. Denn global gilt das Prinzip der Sektorenziele ebenso. Das wird auch die Porsche-FDP noch merken. Alle Emissionen müssen auf null – eigentlich sofort, laut den meisten Ländern dieser Erde und dem Pariser Abkommen spätestens bis 2050 – 97 % der Staaten haben sich in diesem Vertrag dazu verpflichtet. Das sind gerade mal noch 25 Jahre. In dieser Zeit muss in allen Sektoren von Landwirtschaft, über Mobilität bis zu Energieerzeugung der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen auf Nettonull sinken. Öl- und Gaskonzerne versuchen alles, um ihr Geschäft auch nur um wenige Monate noch zu verlängern.

Die Daten sind für uns alle frei zugänglich.

Die Methanlecks sind ein ganz, ganz großer Hebel, aber das Kleinteilige wie Tempolimits, Antriebswende, Wärmepumpen oder Windkraft muss auch hier bei uns in diesen wenigen Jahren passieren. Wir werden noch viel über die Lecks lesen – denn jetzt sind sie plötzlich sichtbar. Keine Regierung wird mehr vertuschen oder verharmlosen können. Und ein netter Nebeneffekt ist, dass wir vielleicht damit den Punkt erreicht haben, wo all die gewaltigen Raketenstarts nun kompensiert werden können.

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