Shell – Wie ein Erdölgigant sich verzweifelt aufbäumt

Die Beraterin Caroline Dennett kündigt ihre Tätigkeit für Shell auf und stellt die Gründe dafür öffentlich ins Internet. Der Erdölgigant scheint womöglich noch schlechter auf eine Klimazukunft vorbereitet zu sein, als ihm lieb sein könnte. Schon die letzten Jahre waren sehr turbulent. Ein Blick in die Muschel und eine Story über eine starken Frau mit Rückgrat, welches dasjenige des Erdölmultis brechen könnte.

Beim Erdölriesen Shell geschieht gerade Unglaubliches. Nach einer spektakulären Flucht aus der Europäischen Union vor Klimagesetzen, Gerichtsurteilen und Steuern kommt es jetzt für den Konzern auch am neuen Hauptsitz knüppeldick. Die langjährige Beraterin Caroline Dennett kündigt ihre Zusammenarbeit medienwirksam mit einem öffentlichen Statement im Internet auf, um auf die wohl ziemlichen hässlichen Zustände innerhalb der fossilen Giganten aufmerksam zu machen. Sie weist auf Missstände bei der Sicherheit hin und erklärt auch, wie sich Shell um die Verantwortung beim Klimawandel drückt. Nicht dass wir von einem Erdölkonzern Einhörner auf Wolken erwartet hätten, aber schaut man sich die Geschichte von Shell an, dann ist das alles nicht nur ein kurzlebiges Imagedesaster, sondern reiht sich in ein Gebaren des Grauens über mehr als hundert Jahre Firmengeschichte hinweg ein. Dieser Kontext ist für uns alle wichtig, denn er zeigt, wie Demokratien keine Angst vor Erpressung haben dürfen, sondern kollektiv und weltweit gemeinsam durch radikale Politik die Ölquellen zum Versiegen bringen müssen. Doch alles der Reihe nach:

Was ist passiert?

Caroline Dennett hat mit ihrer Firma 11 Jahre lang Shell beraten, unter anderem zur Bewertung von Sicherheitsverfahren in Hochrisikoindustrien. Sie löst dieses Verhältnis mit einer Nachricht auf Linked-In auf, die einem Bombeneinschlag gleichkommt. Sie schreibt nicht nur darüber, dass die Klimagruppe Extinction Rebellion sie inspiriert hätte, sondern dass sie es nicht mehr verantworten könne, weiter zuzusehen. Und zwar wie Shell die eigenen gesteckten Ziele, bei weitem nicht erreichen werde und es um die Sicherheit und die Machenschaften des Konzernes desaströs bestellt sein könnte. Shell sei bewusst, dass seine Expansionspläne zur Erschließung weiterer Erdölreserven dem Klima, der Umwelt, der Natur und der gesamten Menschheit extreme Schäden zufüge. Sie sei sich ihrer privilegierten Lage bewusst und nutze diese nun, um die Öffentlichkeit zu informieren. Weiter ruft sie andere dazu auf, ebenfalls die Branche zu verlassen, solange sie noch können. Sie tut dies symbolisch unter dem Hashtag #jumship – man solle von Bord eines sinkenden Schiffes gehen, bevor es zu spät ist. Man müsse schnell von der Förderung von fossilen Brennstoffen wegzukommen. Shell solle ihr Kapital dafür einsetzten, habe aber keinen Plan. Wenn also eine Beraterin, die so tief wie selten jemand in solch einen Konzern hineinblicken kann, so eine drastische Aussage so dramatisch öffentlich macht, dann ist das mindestens ziemlich bis sogar sehr beunruhigend. Interessant ist auch, dass Dennett nicht die erste ist. Schon 2020 haben mehrere eigene Führungskräfte von Shell den Konzern verlassen, weil sie – laut TheGuardian – von der Umstellung von Shell zu grüneren Kraftstoffen frustriert waren.

Die originale Nachricht:

https://www.linkedin.com/posts/caroline-dennett-6161a814_jumpship-truthteller-activity-6934409781495431168-7l1f/

Das Video dazu:

Shell selber schreibt auf seiner Webseite blumig, von einem Ziel 2050 bei Netto-Null sein zu wollen. Laut aktueller Forschung und Forderung sowie Zielen vieler Staaten ist das viel zu spät. Sie reden davon, Deutschlands Ziel von 2045 zu unterstützen – wozu sie allerdings bei entsprechenden Gesetzen sowieso gezwungen sein würden. Weiter vergleicht Shell, dass nur 10 % ihrer Emissionen durch ihre eigene Tätigkeit entstünden und 90 % ja durch Konsumenten, die die Produkte verbrauchen würden. So etwas in einer eigenen Erklärung zu Klimazielen zu schreiben, zeigt, dass man nicht viel verstanden hat und die Verantwortung eher abschieben will. Dass Angebot auch die Nachfrage steuert und nicht nur umgekehrt, weiß auch Shell sehr genau.

“Wir schauen uns an, was wir anbieten können, um Menschen und Güter in Bewegung zu halten, Häuser warm und hell und Maschinen in Unternehmen am Laufen zu halten, während sie weniger Treibhausgase ausstoßen und dennoch wirtschaftlich und wettbewerbsfähig bleiben.”

shell.de

Ein nicht gerade überzeugendes Zitat. Nur anschauen? Weiter redet der Konzern davon, dass die deutschen Wähler die Energiewende ja “durchaus” (Zitat!) wollen würden, auch wenn noch nicht klar sei, wie “brachial” diese sein werde. Verbraucher hätten halt noch gar nicht auf dem Schirm, was Shell denn dafür für einen Umstieg auf eine CO2-ärmere Energie zu bieten hätte. Nicht Ausstieg, sondern Umstieg und nur ärmer und nicht null. Wer winkt solche Kommunikation ab? Selbst ein Laie sieht hier Patzigkeit, Verschleierung und Verwässerung im Verzug. Und dies entsteht vor allem bei Planlosigkeit. Der Konsument verursache ja das CO2 und sei selber Schuld, wenn er halt nicht bessere Alternativen kaufe? Wortwörtlich sagt Shell, dass man mit den Kunden zusammenarbeiten wolle, deren CO2-Abdruck zu verbessern. So als ob man selber ja gar nichts ursächlich mit diesem zu tun habe? Shell gibt wenigstens zu, dass rund 10 % der gesamten deutschen CO2-Emissionen mit Shell “verbunden” seien, da sie die größte Raffinerie in Deutschland betreiben würden. Es folgt noch eine Liste, dass Shell an der gesamten Wertschöpfungskette von grüner Energie arbeite, man vorhabe dominant bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff zu werden und noch einige Versprechen mehr. Allerdings ohne konkrete Zeitziele und weiter mit Seitenhieben im Subtext, dass die Politik und Nachfrage mitschuldig seien an der langsam vorankommenden Energiewende. Das mag durchaus stimmen, aber entbindet Shell nicht von seiner eigenen weltweiten Verantwortung und um die ist es laut Caroline Dennett gar nicht gut bestellt. Ganz im Gegenteil, wie wir gleich beleuchten. Shell sagt, sie würden konkret zeigen, was in Sachen Klima geht – laut Dennett aber eben nur zeigen und nicht umsetzen. Es könnt sein, dass solche verschroben verschobene Blickwinkel des Konzernes durchaus mit seinem Werdegang gewachsen sein könnten. Denn dieses Verhalten reiht sich doch irgendwie in eine lange Liste an Ereignissen ein. In Sachen Wissen um den Klimawandel ist Shell ganz besonders kein unbeschriebenes Blatt.

Wer ist Shell?

Um Shell als heutiger Konzern zu verstehen, lohnt sich ein Blick in seine Vergangenheit und damit seine DNA. Die frühe Geschichte von Shell liest sich etwas wie ein Märchen, die spätere wie ein Bösewicht-Thriller und die jüngste eher wie ein Katastrophenfilm. Angefangen hat die Story mit zwei jungen Männern, die sich erst hocharbeiten mussten. Da war auf der einen Seite Marcus Samuel aus London, der den Trödelladen seines Vaters erbte. Dessen Hauptgeschäfte war es, Muscheln zu Dekorationszwecken zu importieren. Der Name und das Logo brachte somit er mit. Der Trödelladen veränderte sich in ein Erdölimportgeschäft mit Tankern. Auf der andern Seite des Ärmelkanals in Amsterdam war da der ungleich schillerndere Henri Deterding, ein zahlenbegabtes Kind eines Seefahrers. Ebendieser Vater starb früh und Henri musste deswegen die Schule bald verlassen. Eine Lehre im Bankengeschäft brachte ihm Kenntnisse, aber wenig Karrierechancen. Stattdessen stieg er in das Erdölgeschäft zunächst in niedriger Position bei einem Unternehmen ein, das in Niederländisch-Indien nach Öl bohrte. Er wurde quasi zum Ziehsohn des Inhabers, der in per Testament zum Verwalter machte, bis sein eigener Sohn genug alt sei. Er lernte dabei Marcus Samuel kennen und tat sich mit ihm zusammen, anstatt dem Angebot des damals reichsten und mächtigsten Erdölmagnaten Rockefeller mit seiner Standard-Oil aufkaufen zu lassen. Shell wurde dessen Konkurrent und kaufte möglichst viele Quellen in den USA auf.

Also eine kinoreife Emporkömmling-Story. Ab da kippt dann aber der Plot: Deterding wurde steinreich, dadurch zu einem großen finanziellen Gönner von Hitler, lebte ein ausuferndes Jetset-Leben, kaufte Schlösser und verstarb ganz klischeehaft 1939 in St. Moritz. Der Konzern blieb übrigens bis heute dem Luxusskiort eng verbunden, wie diese Story zeigt. Da das Unternehmen wegen seiner Geschichte zwei Sitze in London und Amsterdam betrieb, war ihm das englische wie auch niederländische Königshaus (letzteres wurde damals mit 25 % Großaktionär und der Firmenname bekam den Zusatz “Royal Dutch”, heute hält es noch 3,5 %) ziemlich zugewandt und er erhielt Adelstitel. Deterding gründete zu Lebzeiten noch in Russland eine internationale Erdölvereinigung und engagierte dafür ehemalige Geheimdienstmitarbeiter. Kurzum: Irgendwie nicht gerade ein sympathischer Herr. Samuel hingegen versuchte sich erfolglos als Politiker und verstarb noch vor Deterding. Seine britischen Firmenanteile lagen bei der Gründung bei 40 %, die Deterdings bei 60 %. Shell kaufte in vielen Ländern Firmen zu und wurde so auch zu einem größeren Player in Deutschland mit eigener Raffinerie, 2000 Tankstellen und verschiedensten Geschäftszweigen. Weltweit wuchs Shell zu einem Giganten, einem Konglomerat mit vielen Tochterfirmen und fördert in rund 45 Ländern Erdöl.

Die Leichen

Neben der Episode, dass Deterding der NSDAP und Hitler Geld spendete, hat Shell fast typisch stilisierend für das Bild eines Erdölkonzerns unzählige Leichen im Keller wie die Finanzierung von Bürgerkrieg und Waffenhandel, Kooperation mit Militärregimen, verursachte Ölpesten oder Planungen zu Bohrung in der Arktis oder die Versenkung einer Ölplattform. Doch den abgrundtiefsten Skandal hat Shell geschaffen, als Shell eigene Wissenschaftler beschäftigte, die schon 1986 bewiesen, dass es den Klimawandel wirklich gibt, wie er im Detail funktioniert und unsere wie auch die eigene Zukunft in Gefahr ist – dann aber die Ergebnisse verschwieg und weiter dreckte wie bisher. Also einen die ganze Menschheit betreffenden Umstand einfach so eigenmächtig quasi verschwinden ließ. Und vielleicht vielen die jetzt bitter fehlende Zeit gestohlen hat. Doch die Welt hat davon erfahren, der Bericht aus den Achtzigern, wo Shell’s Wissenschaftler präzise den Klimawandel bestätigen und beschreiben, ist 2018 wieder aufgetaucht und auf www.climatfiles.com einsehbar. Auf Seite 6 des Berichtes findet sich folgender sehr bemerkenswerte Satz (Übersetzung):

“Es wird geschätzt, dass jegliche Klimaveränderung, die mit CO2 in Verbindung gebracht werden kann, nicht vor Ende des Jahrhunderts nachweisbar sein wird. Angesichts der sehr langen Zeiträume wäre es für die Gesellschaft verlockend, bis dahin zu warten, bevor sie etwas unternimmt. Die potenziellen Auswirkungen auf die Welt sind jedoch so groß, dass politische Optionen viel früher in Betracht gezogen werden müssen. Und die Energiewirtschaft muss sich überlegen, wie sie ihren Teil dazu beitragen kann.”

https://embed.documentcloud.org/documents/4411090-Document3

Diese Aussage stammt aus dem Jahr 1988. Hollywood könnte es sich nicht besser ausdenken: von Geldproblemen frustrierte Forscher bekommen von einem Erdölkonzern unbegrenzte Mittel, um ein Phänomen zu erforschen, welches vielleicht bald über das Schicksal der gesamten Planeten entscheidet. Was sich dann nach Jahren der aufwändigen Forschung tatsächlich bestätigt. Sie informieren glasklar in einem Bericht ihren Auftraggeber, der sich aber dafür entscheidet, die Forschung und die Ergebnisse sang- und klanglos verschwinden zu lassen. Was Shell da noch nicht ahnen konnte, war, dass Wissenschaftler inzwischen das Internet erfinden würden und mit dessen Hilfe überall auf der Erde alle Informationen der Wissenschaft in Echtzeit verfügbar sein wird. Auch nicht, dass diese wiederum zum Beispiel von einem amerikanischen Präsidentschaftskandidaten in einem Kinofilm verbreitet würden und dass sich die Multiplikation von Sendern und Empfängern in der Medienlandschaft mittels des Internets verzigfachen wird. Wahrscheinlich nur deswegen sind wir beim Klimabewusstsein zumindest schon weiter als die Shell-Wissenschaftler damals voraussagten – der Rest ist aber eins zu eins so eingetroffen.

Zur reinen Einordnung: der Klimawandel war schon vorher grob bekannt. In den Sechzigern gab es erste Klimamodelle, 1975 die erste Klimakonferenz der Weltwetterorganisation, allerdings noch ohne die Politik am Tisch (mehr zur Geschichte der Weltklimakonferenz gibt es hier). Genau das hat Shell aber genau dann motiviert, mehr darüber erfahren zu wollen. Denn wenn die Sache tatsächlich politisch würde, dann wäre der Konzern vielleicht lebensbedrohlich betroffen. Was sich dann auch exakt bestätigte. Zum Zeitpunkt, als Shell die eigene, hochkarätige Forschung in vollem Bewusstsein ihrer Brisanz versenkte, haben aber schon andere begonnen, ernsthaft zu warnen. 1992 wurde das Kyotoprotokoll unterzeichnet. Doch erst 2007 wurde im vierten Sachstandsbericht des IPCC der Klimawandel definitiv unwiderlegbar bestätigt. Shell wusste also jahrzehntelang mehr, da sie sich teure Forschung leisten konnten, reagierten aber mit Schweigen, Vertuschung und änderten genau nichts an ihrem Geschäft. Nach so vielen Skandalen und dieser monströsen Tatsache, ist die Weltöffentlichkeit natürlich nicht besonders auf die rot-gelbe Muschel zu sprechen. Und genau das fällt Shell jetzt derbe auf die Füße.

Über Shell ziehen sehr dunkle Wohlen zusammen. Wenn man politischen Goodwill und sein Image endgültig verspielt, hilft auch Lobbyismus und Geld nicht mehr, den gewichtigen eigenen Anteil am Klimawandel schönzureden.

Die Gegenwart

Die Firma trägt also viele Altlasten mit sich rum, macht sich aber durch aktuelle Geschäfte und Strategien nicht gerade beliebter, sondern agiert wie ein angeschossenes Tier. Wie für viele Erdölmultis, tut sich ein Mix an Herausforderungen auf. Ein Shift in Richtung grüner Technologien ist nicht nur fürs bessere Image ein Ziel, sondern wird immer rasanter zum bitteren Überlebenskampf dieser Firmen. Shell wusste wie erwähnt vor allen anderen um den Klimawandel und auch ganz klar um dessen Konsequenzen. Und damit auch um die Risiken für sich selber.

Doch wie so oft in der kurzlebigen Welt des Hyperkapitalisumus motivieren gigantische Millionenboni halt eher zum unversehrten Erreichen des nächsten Quartalsberichts und nicht zum nachhaltigen Denken für Generationen, selbst wenn das die Zukunft der eigenen Firma betrifft. Da fehlt eine gesetzliche Verantwortungsklausel, die solchen Motiven vorbeugen könnte. Zurück in die Gegenwart, Shell muss wie alle anderen Ölfirmen zwangsweise schleunigst umdenken. Nicht aus Verantwortung der Welt gegenüber, sondern aus Verantwortung gegenüber den eigenen Aktionären. Je radikaler sich der Diskurs rund um die Klimakatastrophe politisch, durch den IPCC, Klimakonferenzen und nationale Notstände oder Gesetze in Richtung Regulierung bewegt, je mehr Muffensausen bekommen die Ölbosse. Denn da geht es ans Leder. Immer weniger Politiker und Länder lassen sich manipulieren oder lobbyieren wie in der Vergangenheit. Auch nicht die Niederlande, dem Sitz von Shell. Beziehungsweise dem bereits ehemaligen Sitz. Denn aufgebracht durch die Machenschaften von Shell, trachtete man mit der zunehmenden öffentlichen Sensibilisierung in Sachen Klima dem Konzern nach mehr Verantwortung in Form von Steuern und einer radikalen gerichtlichen Bedingung, dass der Konzern ab Basis des Jahres 2019 seine Kohlenstoffemission bis 2030 um satte 45 % senken muss.

Shell dachte aber nicht geläutert über Verantwortung nach, sondern aktivierte stattdessen Fluchtpläne. Wie wir aus der Geschichte bereits wissen, hat Shell historisch in London noch einen zweiten Sitz. Den machte man nun ad-hoc zum Hauptsitz, um sich den niederländischen Regulierungen zu entziehen. Ja, so denken multinationale Unternehmen immer noch, man kann lokale Politik einfach mit einem Wegzug erpressen und absägen. Dieser Schritt war übrigens nur mit einer Zustimmung von mehr als 75 % der Aktionärsstimmen möglich. Was wiederum viel über die Besitzverhältnisse und damit zukünftige Denkweisen verrät. Doch kaum in London angekommen, kommt auch dort Stimmung auf. Die vom Brexit, Covid, Armut, Ukrainekrieg und überhaupt gebeutelte Insel braucht Geld. Viel Geld. Und angesichts der dramatischen Umstände kam die Idee einer Sondersteuer auf, die die gerade extremen Gewinne von Shell einmalig zusätzlich besteuern soll. Solche Pläne verfolgen viele Länder, zum Beispiel auch Italien, welches 25 % Übergwinnsteuern von Energiekonzernen verlangt. Dass Deutschland mit einem Tankrabatt den Ölmultis sogar noch Geld hinterherwirft, anstatt welches zurückzuverlangen, ist dem aktuellen Finanzminister zu verdanken.

Fazit

Shell merkt nun, dass Flucht nur sehr kurzfristig oder eben gar nicht hilft. Aber nicht nur die steuerrechtliche Flucht holt Shell ein, sondern auch die nicht gemachten Hausaufgaben. Sich dem Klimawandel anpassen, besteht nicht nur aus einem grünen Marketingmäntelchen (Shell versucht genau das trotzdem) mit tollen Versprechen und beruhigenden Märchenzielen. Die Fähigkeit, sich überhaupt noch anpassen zu können, hat man vielleicht schon verwirkt. Denn dafür ist viel Geld notwendig. Anstatt Dividenden nach London zu retten, wo darauf nicht direkt Steuern stehen, müssten größere Anstrengungen ins eigene Überleben gesteckt werden. Sei es in Form einer grünen Diversifizierung durch Investitionen in andere zukunftsfähige Energien wie andere vergleichbare Konzerne oder durch dein radikales Überdenken der eigenen Firmenkultur. Zwar kauft man, wie mit dem deutschen Heimbatterien-Startup “Sonnen”, auch Klimatechnologie zu – aber Shell wirkt absorbiert von akuten Auswirkungen klimapolitischer Beschlüsse und hat sich anscheinend gar nicht oder nur stümperhaft auf dieses gerade Shell am längsten bekannten Risiko vorbereitet.

Das Zeitfenster schließt sich gerade, wo Politik noch bereit war, einen ehrlich gemeinten Umbau zur Klimaneutralität zu unterstützen. Die utopische Idee liberaler Parteien, wenn Wähler überleben wollen, sollen sie gefälligst den Ölmultis den Umbau zu anderen Energien bezahlen und deren Gewinne auch noch in Ruhe lassen, damit die Aktionäre bequem weiter Dividenden abgreifen können, hat sich ausgeträumt. Denn der Erdölmarkt ist genug groß, damit erste angeschlagene Unternehmen auch durchaus zerschlagen werden oder von sich aus am Klimawandel zerbrechen können. Es geht auch ohne sie. Lange war man verwöhnt, Skandale einfach mit Geld durchzustehen – doch die jetzige Liga könnte über kurz oder noch etwas länger auch ein Ende für Shell bedeuten. Denn das Ende von Öl ist sicher. Das Damoklesschwert schwebt bereits über der fossilen Muschel. Aktionärsinteressen, politischer Druck (wie z.B. in Kalifornien), nicht zuletzt die Klimajugend, welche Dennett motiviert hat und zu viele nicht sauber verarbeitete Leichen im Keller sowie das seltsame Gebaren können einem das Rückgrat brechen. Caroline Dennett hat hingegen etwas sehr Mutiges getan, was – egal welche Konsequenzen sie nun vielleicht noch erfährt – Nachahmer finden wird. Es sollte uns eine Warnung sein und gleichzeitig eine große Bestätigung der in den Niederlanden und Gesamteuropa eingeschlagenen Politik. Wir müssen stärker als diese Konzerne sein. Weil wir als Menschheit überleben und nicht an wenigen Jahrzehnten Erdölforderung zugrunde gehen wollen. Caroline Dennett war und ist es. Eine neue Klimaheldin, eine Frau mit unglaublichem Rückgrat.

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