Zahltag – CO2-Preis einfach erklärt

Was kostet der Planet aktuell? Ok, etwas überspitzt, aber das schädliche Klimagas CO2 hat einen Preis. Und den zahlen wir bei allen Produkten mit. Wie kommt der zustande, wie wird damit gehandelt und wie kannst du selber sogar Geld daran verdienen? Ein kleiner Überblick.

Ja, in diesem Beitrag sind die Bilder zum eher abstrakten Thema mit KI entstanden. Die Versuche sind noch zaghaft. Kommentiere gerne auf Mastodon (bzw. wo du dich auch immer im Fediverse befindest) oder Bluesky, was du darüber denkst.

Nein, der Markt wird das Klimaproblem nicht regeln. Aber wir können den Markt nutzen, um schneller ans Ziel zu kommen. Wie das aktuell aussieht, was CO2 gerade kostet und wer davon profitiert, wollen wir hier mal kurz beleuchten. Keine Angst, dafür muss man nicht Wirtschaft studiert haben, denn die Prinzipien sind relativ einfach. Natürlich sind die Details komplizierter, aber hier geht es um Allgemeinwissen für jedermann. Also fangen wir sofort an, dann sind wir auch gleich durch damit:

Der Preis ist heiß

Es gibt nicht nur eine Größenordnung, sondern der Preis von CO2 wird durch verschiedene Dinge wie Steuern, Emissionshandel oder auch durch die Psychologie der Massen bestimmt. Denn je ernster wir die Rettung des Planeten nehmen, desto mehr Menschen gehen in die richtige Richtung. Der CO2-Preis ist schlicht die wichtigste Maßnahme, um die verbindlichen Klimaziele 2045 zu erreichen, die uns im Moment zur Verfügung steht.

Wir bezahlen heute über verschiedene Mechanismen für CO2. Einer ist der Emissionshandel. Große Industrieunternehmen oder auch Stromproduzenten erhalten limitierte Zertifikate dafür, wie viel CO2 sie ausstoßen dürfen. Damit können sie handeln. Das Verfahren nennt sich “Cap and Trade”, also “kappen und handeln”. Ist das Geschäft dreckig, müssen die Firmen Zertifikate zukaufen, investieren sie hingegen in die Reduktion von CO2 bei ihren Prozessen, dann bleiben welche übrig, die sie anderen verkaufen können. Über Konsumentenpreise bezahlen wir dann als Endkunden für CO2.

Es gibt seit 2005 einen europäischen Emissionshandel und seit 2021 paralell national auch einen deutschen Emissionshandel. Beim europäischen Handel gab es verschiedene Phasen – jede mehrere Jahre lang. Zuerst wurden die Zertifikate praktisch umsonst ausgegeben. In einer zweiten Phase konnten fehlende Emissionsberechtigungen auch in Staaten ausserhalb der EU ausgeglichen werden – allerdings mit einer Obergrenze. Das sollte Technologie zur Emissionsverringerung und Geld dafür in Drittweltländer transferieren. In der dritten Phase kamen noch andere Gase als CO2 zum Handel dazu. In der aktuellen Phase steigt der Reduktionsfaktor von 1,74% auf 2,2%. So sinkt die jährliche Emissionshöchstmenge. Perspektivisch sollen 4,4% Reduktion pro Jahr erreicht werden. In Schritten werden immer mehr Branchen einbezogen und die Gratis-Ausgabe der Zertifikate wird immer weiter auf eine Versteigerung umgestellt. Du siehst also, es gibt viele Stellschrauben. Nach der Einführung der nationalen CO2 -Bepreisung im Januar 2021 betrug der deutsche Preis für eine Tonne zunächst 25 Euro. Im Jahr 2022 stieg der Preis auf 30 Euro pro Tonne. Ab 1. Januar 2024 beträgt der Preis 45 Euro pro Tonne ausgestoßenes CO2, ab 2025 sollen es 55 Euro sein. Und das wird so weitergehen. Im Jahr 2023 kamen so im deutschen Emissionshandel Einnahmen von 18,4 Milliarden Euro zusammen. Die deutschen Auktionserlöse aus dem Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) beliefen sich im Jahr 2022 auf über 6,8 Milliarden Euro. So, das war der abstrakte Teil. Weiter zu praktischeren Dingen:

Steigende CO2-Preise sind das wichtigste Instrument, um das Klima in der wenigen verbleibenden Zeit zu retten. Verkehrs- und Energiewende können beschleunigt sowie das Bewusstsein für die Klimakatastrophe gestärkt werden.

Ein zweiter Mechanismus für den CO2-Preis sind Steuern, die direkt anfallen. Zum Beispiel Mineralölsteuern. Wer viel Benzin, Kerosin oder Heizöl verbraucht, zahlt mehr. Zusätzlich dazu kommt nun ab 2027 auch ein Emissionshandel auf Treibstoffe dazu und verteuert z.B. Autofahren oder Heizen. Das hat die EU beschlossen. Darum sind abfedernde Maßnahmen wie das Gebäudeenergiegesetz oder eine rasche Umstellung auf E-Autos so wichtig. Doch die CDU und rechte Medien haben das GEG massiv angegriffen. Beim Verkehr streut Verkehrsminister Wissing lieber Sand in Form von noch nicht erfundenen Flugtaxis oder E-Fuels in die Augen. Viele Bürger werden darum schon sehr bald sehr teuer für die Vernebelungstaktiken bezahlen, wenn nicht in Alternativen wie Rad– oder Nahverkehr investiert wird. Kurzfristig sparen wollen und langfristig dann viel mehr dafür bezahlen müssen, ist von der maroden Infrastruktur über das Gesundheitssystem, die Bildung, Bahn bis eben hin zum gesamten Klimaproblem eine gewachsene Kultur der letzten neoliberalen Jahrzehnte. Es ist Zeit, das endlich zu ändern. Der CO2-Preis ist auch dafür gut.

Die Krux der Ungleichheit

Doch nicht alle Treibstoffe werden gleich besteuert. Beim Kerosin sind Auslandsflüge befreit, grenzüberschreitende Zugfahrten jedoch nicht. Im Strom für diese steckt aber bepreistes CO2. Auch hier wäre eine Gleichbehandlung wichtig, um zum Beispiel mehr internationale Bahnverbindungen zu bekommen und Nachtzüge zu fördern. Ungleiche Besteuerung kann man aber durch Subventionen ausgleichen. Das ist neben Steuern und Zertifikatehandel eine weitere Möglichkeit, Erneuerbare günstiger und fossile Energieträger teurer zu machen. Bisher passiert eher das Gegenteil von Pendlerpauschale über Dieselsubventionen bis Dienstwagenprivileg oder Tankrabatten. Im Moment macht uns China durch subventionierte Solarpaneele oder Windkraftanlagen von seinen Produkten abhängig. Ein Schelm, wer nicht erwartet, dass sobald die heimische Produktion diesen Preiskampf verloren hat, die chinesischen Preise massiv steigen werden oder Technologie für Erneuerbare zum selben Druckmittel werden, wie russisches Gas. Auch hier helfen nur Subventionen. Die USA und andere Staaten machen das in großem Stil, bei uns wandert die Solarindustrie darum gerade dorthin ab. Geopolitisch ein Desaster.

Internationale Zugfahrten werden gegenüber Flugreisen stark benachteiligt.

Der Vorteil von preislichen Lenkungsmaßnahmen ist, dass der Staat – also wir alle – dadurch Einnahmen generieren, die wiederum in Klimarettung investiert werden können. Der Nachteil hingegen ist, dass der CO2-Preis ärmere Menschen stärker belastet, da diese proportional zu ihrem Einkommen mehr für Energie und Konsum ausgeben müssen, als reiche Menschen. Doch genau letztere verursachen viel mehr CO2.

Um dieses Problem aufzulösen, ist Umverteilung notwendig. Die Ampel will das Klimageld – welches Einnahmen durch CO2-Bepreisung per Direktzahlung fairer auf die Bevölkerung zurück verteilen will – noch diese Legislatur beschließen. Verzögert wird es nur noch durch die FDP mit der Ausrede, man wisse noch nicht, wie man das Geld den Bürgern überweisen könne. Andere Länder bekommen das hin, zum Beispiel verteilt die Schweiz ihre CO2-Einnahmen einfach über die Krankenkasse zurück. Lindner bremst also eher nur aus wahltaktischen Gründen, denn er verspricht, just kurz vor der nächsten Bundestagswahl werde dann ein Zahlungsmechanismus zur Verfügung stehen. Bisher landet das Geld im Klima- und Transformationsfond KTF.

Die Löcher im System

Ein Problem ist es, dass nicht alle Emissionen erfasst werden und so auch nicht das gesamte CO2 bepreist werden kann. Das hat damit zu tun, dass bei der Förderung und beim Transport von Erdgas viel davon durch undichte Leitungen und Tanks verloren geht. Und das Schlimme daran ist, es geht nicht in Form von CO2 nach der Verbrennung verloren, sondern bereits davor als Methangas, welches bis zu 84x klimaschädlicher ist als CO2. Doch neue Satellitentechnik, soll die fossilen Multis nun besser überwachen und so zur Rechenschaft ziehen. Denn bisher sucht niemand nach den Lecks, sondern die Konzerne müssen sich bei festgestellten Lecks selber anzeigen, um dann Strafe zu zahlen. Rate mal, was die bisher gemacht haben.

Einerseits ist die Zukunft nicht umsonst, aber auch die fossile Vergangenheit wird uns ebenfalls noch viel mehr Geld kosten. Der CO2-Preis gilt nämlich bisher nicht für bereits ausgestoßenes CO2. Daher sollte auch dort eine Möglichkeit gefunden werden, auch dieses teilweise zu besteuern. Nur schon aus Gründen der Generationengerechtigkeit. Zum Beispiel mit Erbschaftssteuern – dann steuern nachträglich die, welche dadurch reich geworden sind, nichts für CO2 zu bezahlen. Weiter sind Klagen von Staaten gegen Erdölkonzerne wichtig, welche durch ihr Verhalten nachweislich dem Weltklima und damit uns allen geschadet haben. Das versucht zum Beispiel gerade Kalifornien. Dazu kommt, je mehr private Kläger wiederum den Staaten Beine machen, je eher sehen sich diese dazu genötigt. Schweizer Seniorinnen haben dazu gerade ein historisches Präzedenzurteil vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte errungen.

Kulturwandel

Neben den harten preislichen Fakten gibt es aber noch eine weitere Möglichkeit, den Preis von CO2 zu beeinflussen. Und zwar mit Psychologie. Je mehr Menschen bewusst wird, wie hoch der Preis für die Klimaschäden bereits ist und wird, je mehr öffentlicher Druck entsteht, je schwieriger wird es in seinem sozialen Gefüge CO2-intensives Verhalten zu rechtfertigen. Die in Schweden erfundene Flugscham scheint sich abzuschwächen, ist aber auch eine Art von Preis, den Menschen bezahlen, wenn sie zugeben müssen, wie viel CO2 sie verschwenden. Und das kann jeder von uns beeinflussen. Wer von Alternativen erzählt und exzessive CO2-Orgien verurteilt, leistet einen wichtigen Beitrag dazu. Und das zu tun, kostet nichts. Ein schlechtes Gewissen ist mächtiger, als viele denken. Bei Airlines hat das mitunter zum Druck geführt, bei der Buchung wenigstens freiwilige Kompensationsleistungen anzubieten. Doch viele dieser Zertifikate sind ziemlich shady, manche sind regelrechtes Greenwashing. Pflichten und Regulierungen können da Abhilfe verschaffen.

Wichtig: Lasst euch dabei aber nicht durch den CO2-Fußabdruck übertölpeln, denn dieser hat die Erdölindustrie dafür genutzt, uns mit Schuld zu lähmen, anstatt von der Politik mehr Tatkraft zu fordern.

Flugscham wird teilweise belächelt, aber der Effekt dahinter ist mächtig, wenn er genutzt wird. Und das kann jeder.

Wenn du nun denkst, dass das kein großer Effekt ist, dann denken wir doch einfach mal an die heutigen Probleme und Kosten für die Gesellschaft durch Werbung für Zucker. Oder die schön geredeten Folgen von Atomenergie. Und nicht zuletzt an die Folgen von Autoverkehr. Alles Beispiele dafür, wie Konzerne mit Marketing, Lobbyismus und gigantische Werbekampagnen es geschafft haben, politische Regulierungen zu bremsen und ihren Profit zu maximieren. Der Schaden hingegen wurde der Öffentlichkeit aufgebürdet. Die Mechanismen funktionieren aber auch umgekehrt. Das nutzen NGO’s, Verbände, Stiftungen oder Organisationen wiederum, um das öffentliche Bewusstsein zu wecken. Wenn du sie also unterstützt und selber zum Multiplikator von Informationen wirst (z.B. den Klimablog weiterempfehlen und teilen *hüstel*) und deine Stimme erhebst, indem du in sozialen Medien kommentierst, gegen Missstände demonstrierst oder deine politischen Rechte wahrnimmst, dann hast auch du die Möglichkeit, die allgemeine Wahrnehmung unserer Welt zu beeinflussen. Selbstwirksamkeit ist übrigens der beste Weg, um mit den negativen psychischen Folgen der Klimakatastrophe umzugehen. Du hilfst damit dir und auch anderen.

Fazit

Den teuersten Preis für CO2 bezahlen wir, wenn wir CO2 nicht adäquat bepreisen. Schon heute wird es zum Beispiel immer schwieriger, in Risikogebieten gegen Klimaschäden eine Versicherung für das eigene Haus zu bekommen. Für die Ahrtalflut werden noch die Enkel für die Notkredite Zinsen und Amortisation bezahlen. Da ist es besser, die Ursache zu bekämpfen, anstatt immer höhere Summen für die Symptome auszugeben. Ein steigender CO2-Preis muss aber dringend sozial abgefedert werden. Das Klimageld fängt zwar bei nur ca. 40 Euro im Jahr an, soll aber danach steigen. So wird klimafreundliches Handeln belohnt und ärmere Menschen werden entlastet, denn sie treffen Klimafolgen zuerst und am härtesten. Wer heute aber den Menschen noch Gas- und Ölheizungen aufschwatzt, um morgen dafür Nothilfen wegen steigender Preise zu leisten, der hat nichts von alldem begriffen oder ist einfach ein verantwortungsloser, fossiler Egoist.

Ok, diese Grafik ist wohl die schlechteste von allen – but you get it. CO2-Preise sichtbar machen, ist wichtig für das Verständnis. Wieviel CO2 ein Produkt enthält, gehört in die Produktebeschreibung.

Sichtbare Klimafolgen zeigen zwar, was der ungebremste Ausstoß von CO2 tatsächlich kostet, doch dann ist es zu spät. Besser wäre es, wenn künftig der Anteil von CO2 oder mindestens dessen Bepreisung auf Produkten sichtbar gemacht werden müsste – eine Art CO2-Ampel. Bei jedem gebuchten Flug, bei jeder gekauften Schokolade. Kapitalismus können wir nicht von heute auf morgen ändern, aber wir können uns seine Mechanismen zu nutzen machen, das Klima noch rechtzeitig zu retten – denn CO2 hat einen hohen Preis, ob gelenkt oder ungelenkt.

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