Stadtbäume mit Open-Data vor Hitze retten

Klingt irgendwie strange? Aber in Berlin geht das. Die Stadt stellt Daten öffentlich zur Verfügung - die du nutzen kannst, um Bäume durch die Hitze zu helfen. Eine Anleitung.

Stadtbäume sind essenziell für unser Leben in der Stadt. Das merken wir immer mehr und immer direkter am eigenen Leib. Die Stadtteile, welche mehr Bäume haben, sind kühler. Ist ja auch logisch, den Bäume spenden Schatten und verdampfen Feuchtigkeit. Beides kühlt die Umgebung und damit dich mit ab. Werfen wir einen Blick darauf, was Stadtbäume von ihren Genossen auf dem Land unterscheidet, warum und welche Hilfe sie akut gebrauchen können sowie auf ihre Zukunft.

Der Stadtbaum

Die Klimakatastrophe setzt den Stadtbäumen extrem zu. Oft wurden sie zu Zeiten gepflanzt, als man sich noch keine Sorgen über die heutigen Hitzewellen und vor allem die nun landesweit immer stärker ausgeprägte Dürre machte. Auch wurden manche Zierbäume gepflanzt, ohne dabei an ihr zukünftiges Leben und ihre wichtige Aufgabe zur Klimaanpassung gedacht zu haben. Stadtbäume wachsen schneller als die auf dem Land. Die Wachstumsrate ist viermal so schnell in der Stadt. Aber sie sind anfälliger auf Stress und sie haben doppelt so hohes Sterberisiko wie ihre Artgenossen in der Wildnis. Das hat auch Auswirkungen auf uns, denn je mehr Bäume in unserer Umgebung sind, desto besser geht es direkt auch dem einzelnen Menschen. Aber man weiß noch erstaunlich wenig über Stadtbäume, denn Bäume sind zwar gut untersucht, aber nicht ihr Leben im Ökosystem der Großstädte. Jetzt könnte man auch ausnutzen, dass Bäume in der statt schneller wachsen und somit mehr Kohlenstoff binden, aber das wird durch die kürzere Lebensdauer wieder gedämpft. Was die Wissenschaft allerdings auch sagt, ist, dass wenn wir jungen Bäumen in der Stadt mehr Aufmerksamkeit und Pflege schenken, es diesen auch besser geht und ihre Überlebenschancen steigen. Mehr Ressourcen beim Grünamt könnte so zu einem besseren Stadtklima und auch besseren Weltklima führen.

Faktor Mensch

Die Stadtbäume gehören uns allen. Und wir alle könnten auch netter zu ihnen sein. Natürlich darf man sie nicht beschneiden, düngen oder andere Dinge mit ihnen anstellen, die Fachleuten vorbehalten sind. Aber zum Beispiel parken viele Autofahrer illegal mit zu großen und schweren SUV’s auf Hochbordparkplätzen auf Gehsteigen und komprimieren dort damit die Erde, was Bäumen und ihren Wurzeln stark zusetzt. Auch zugemüllte Baumscheiben, die im schlimmsten Fall ungepflegt sind und eine betonharte Erdoberfläche haben, lassen kein Regenwasser durch, welches dann direkt in die Kanalisation fließt. Dieses Wasser fehlt den Bäumen. Der Boden speichert so fast nichts. Städte wie Berlin verfügen flächendeckend über Gehsteige, die mit Pflasterung und Waschbetonplatten belegt sind. So kann dazwischen viel Wasser versickern. Das geht hier aber besonders einfach, da der Untergrund aus märkischem Sand besteht. Anderswo ist das schwieriger und der Unterbau komplizierter. Auch der Missbrauch als Hundeklo oder gar Pissoir für Menschen tut Bäumen nicht gut. Eine Schwammstadt ist Berlin deswegen aber nicht. Die extreme Dürre der letzten Jahre in dieser und vielen Regionen Deutschlands bringen Bäume in akute Not. Was kannst du also tun?

Grüne Städte sind lebenswerte und bedeutend kühlere Städte im Sommer.

Hilf mir!

In vielen Städten und Kommunen gibt es den Trend zu Open-Data. Das bedeutet, dass öffentlich erhobene und finanzierte Daten den Bürgern auch kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Und diese Daten können ganz nützlich für eine vermehrte Aufmerksamkeit für die Bäume sein. Zum Beispiel gibt es diese tolle Karte, das Baumkataster, wo alle Bäume Berlins bis ins Detail erfasst und dargestellt sind, inklusive Art und Jahr ihrer Pflanzung. Und genauso gibt es auch ein öffentliches Register, wo du alle Wasserpumpen und Brunnen Berlins sehen kannst. Jetzt brauchst du nur noch einen Eimer! Wässere die Bäume mit so viel Wasser wie du tragen kannst, denn genug wird es sowieso nicht sein. Eine weitere Möglichkeit den Bäumen zu helfen hat nun der Bezirk Berlin-Mitte erlaubt: Ab sofort dürfen alle ohne Bewilligungsverfahren Baumscheiben selber bepflanzen! Dazu gibt es eine Anleitung und eine Broschüre, die erklärt, was man dabei darf und was man nicht tun sollte. Aufgelockerter Boden, Pflanzen, die selber Wasser speichern oder beim versickern helfen, können einen wertvollen Beitrag leisten, dass der Baum zu mehr Wasser kommt. Für das Gießen der Bäume gibt es die Initiative “Gieß den Kiez“, wo du mehr über die einzelnen Bäume erfährt und sie sogar adoptieren kannst. Damit das nicht alle gleichzeitig machen, kann man dort auch markieren, wann man den Baum gerade gegossen hat. Über einen Slack-Kanal kann man sich so mit den Nachbarn koordinieren und selber für die Bäume engagieren, die einem jeden Tag Lebensqualität schenken. Denn ist einmal der Baum abgestorben und weg, wird es sehr lange dauern, bis ein nachgewachsener wieder die Wohnung beschattet, die Umgebungsluft kühlt und uns psychologisch mit seinem Grün messbar beruhigt und entspannt.

Die für Berlin typischen Wasserpumpen in den Kiezen. Einfach Eimer darunter stellen und am Schwengel ziehen.

Fazit

Du kannst selber Bäumen helfen, die Hitzewelle besser oder überhaupt zu überstehen. Wenn dir die Informationen fehlen, dann stellen viele Städte diese zur Verfügung. Ist das nicht der Fall, kann ein Anruf bei der Stadt helfen und vielleicht genau dies anstoßen. In größeren Städten gibt es von der Stadt Hilfe zur Selbsthilfe, Nachbarschaftsprojekte und sogar digitale Organisationsplattformen dazu. Natürlich brauchst du dazu eigentlich weder eine Karte noch andere digitale Hilfsmittel, ein Eimer genügt. Aber koordiniert und informiert ändert sich unsere Aufmerksamkeit, Wertschätzung und dadurch vielleicht auch persönliche Fürsorge für unsere Umwelt. Der Begriff Selbstverantwortung wird im Moment zwar gerade arg überstrapaziert, aber letztendlich geht es genau darum. Über die Interaktion zwischen Stadtbaum und Mensch gibt es noch so viel zu erzählen und zu philosophieren, aber während ich hier schreibe, brennt gerade der größte Stadtwald der Republik, der Grunewald. Mit seinen teils über 400 Jahre alten Eichen ist er ein wertvoller Trinkwasserspeicher, ein Naherholungsgebiet und die kühle Lunge für die immer heißer werdende Stadt. Und weil die Löschhelikopter schon in der Sächsischen Schweiz benötigt werden, gibt es keine, die den Wald hier löschen könnten. Genauso geht es vielen Stadtbäumen – es ist kein Geld da, Mitarbeiter fehlen, aber die Klimakatastrophe findet jetzt statt. Geh darum raus und umarme nicht nur deinen Lieblingsbaum, gieße ihn diese Tage mit ein paar oder gar vielen Kübeln frischem Wasser. Er wird es dir danken!

Die Serie dazu

Dieser Beitrag ist ein Teil der Serie “Open-Data und Klima” mit diesen bisherigen Teilen:

Stadtbäume mit Open-Data vor Hitze retten

Mit trinken das Klima retten – am Open-Data-Brunnen

Wie weit komme ich in 5h mit dem Zug? Diese Karte zeigt es dir mit Open-Data!

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